Portrait
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.V. („DGKJP“) ist die medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft der Fachärzt:innen für „Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie“, der psychologischen und pädagogischen Psychotherapeut:innen und anderer auf dem Gebiet tätiger Wissenschaftler:innen und Professionen.
Das Fach der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie steht durch die intensive Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen wie der Psychologie, Biologie und Neurologie für eine interdisziplinäre und internationale Ausrichtung. Die DGKJP setzt sich für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Krankheitsbildern und deren Prävention durch Forschung, Lobby-, Politik- und Bildungsarbeit ein.
Historische Eckpunkte des Fachgebiets
Die Geschichte der DGKJP bzw. des Fachgebiets ist im historischen Kontext zu sehen. Deshalb hat die DGKJP Projekte beauftragt, die Geschichte der Fachgesellschaft und einzelne:r Vertreter:innen des Faches auch geschichtswissenschaftlich, bzw. medizinhistorisch zu beforschen. Der DGKJP ist dies wichtig, da der Einsatz für psychisch kranke Kinder und Jugendliche heute auch der Kenntnis der eigenen Geschichte inklusive aus heutiger Sicht problematischer Geschehnissen bedarf.
1906 wurde von Emil Sioli (1852–1922) in Frankfurt an der „Städtischen Heil- und Pflegeanstalt für Irre und Epileptische“ eine erste sogenannte „Beobachtungsabteilung“ für Kinder und Jugendliche eröffnet.
Diese Station wurde 1914 im Rahmen der Integration der psychiatrischen Klinik in die neugegründete Universität Frankfurt als Abteilung übernommen. In den 1920er Jahren erfolgten weitere Stationsgründungen wie z. B. in Tübingen, Berlin, Leipzig und Bonn.
In der Weimarer Republik waren viele an der sich herausbildenden Kinder- und Jugendpsychiatrie Interessierte im „Deutschen Verein zur Fürsorge für jugendliche Psychopathen“ organisiert.
Der Verein wurde im Oktober 1918 gegründet. Zwei der führenden Vertreter waren Ruth von der Leyen (1888–1935), Sonderpädagogin, und Franz Kramer (1878–1967), Psychiater und Namensgeber des „Kramer-Pollnow-Syndroms“ (des heutigen ADHS), beide tätig auf der 1921 gegründeten kinder- und jugendpsychiatrischen Station der Charité. Als wissenschaftliches Organ diente die „Zeitschrift für Kinderforschung“.
In den Jahren nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten (1933–1935) erfolgte eine Säuberung und Gleichschaltung des Fürsorge- und Gesundheitswesens, dem auch dieser Verein zum Opfer fiel – Franz Kramer musste als Jude emigrieren und Ruth von der Leyen beging 1935 Selbstmord.
Generell veränderte sich die Politik gegenüber Kindern mit psychischen Störungen und auch die Forschung dazu nach 1933: es ging vermehrt um Begriffe wie „Minderwertigkeit“ und weniger um Hilfe.
Im Rahmen der Jahrestagung der „Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater“ (GDNP, der heutigen DGPPN)), deren Vorsitzender Ernst Rüdin (1874–1952) war, wurde 1939 in Wiesbaden eine „Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Kinderpsychiatrie“, Vorsitzender Paul Schröder (1873–1941), als Untergruppe der GDNP gegründet.
Die Gründung der „Deutschen Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und Heilpädagogik" (DGKH) erfolgte 1940 in Wien im Rahmen einer „Kinderkundlichen Woche“ mehrerer medizinischer Fachgesellschaften. Mit der Unterstützung des Reichsgesundheitsamtes und des NS-Lehrerbundes Fachschaft V (Sonderschulen) wurde die 1939 in der „Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater“ (GDNP) gegründete Arbeitsgemeinschaft für Kinderpsychiatrie auf diesem Kongress in Wien in die, von der GDNP unabhängige, DGKH umgewandelt.
Auf diesem Gründungskongress wurde Paul Schröder (1873–1941) als Vorsitzender begrüßt. Die „Zeitschrift für Kinderforschung“, mit Schriftleiter Werner Villinger (1887–1961) wurde 1940 zum Mitteilungsorgan der DGKH und blieb es bis zur Druckeinstellung, bedingt durch verringerte Druckkapazitäten und Papiermangel, 1944.
Ein Arbeitsschwerpunkt der DGKH war das „schwierige Kind“, die Neustrukturierung des Fürsorgeerziehungswesens, mit vorgeschalteten „Beobachtungsstationen“ und einem differenzierten Heim- und Anstaltswesen mit „Bewahranstalten“ für die angeblich „Unerziehbaren“.
Während des Naziregimes waren Kinder- und Jugendpsychiater*innen auch beteiligt an der Gestaltung des „Euthanasie“-Programms, einbezogen in die Ermordung von Tausenden von Kindern mit Intelligenzminderung oder psychischer Erkrankung.
1949 erfolgte die Neugründung einer „Arbeitsgemeinschaft Jugendpsychiatrie“, Vorsitzender Werner Villinger (1887–1961), in der „Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater“ (der heutigen DGPPN).
Im Oktober 1950 wurden an der Kinderpsychiatrie interessierte Psychiater*innen von Werner Villinger (1887–1961) nach Marburg eingeladen.
Es erfolgte die Neugründung der heutigen Fachgesellschaft als damals noch multiprofessioneller „Verein für Jugendpsychiatrie, Heilpädagogik und Jugendpsychologie e. V.“. Vorsitzender wurde der einladende Werner Villinger, sein Oberarzt Hermann Stutte (1909–1982) Schriftleiter.
Im Anschluss an die Gründungsversammlung wurde ein erstes Nachkriegssymposium der 19 Teilnehmer durchgeführt.
1951 erfolgte die Umbenennung der Gesellschaft in „Deutsche Vereinigung für Jugendpsychiatrie“ (DVJ). Die Vereinigung wurde zudem eine rein ärztliche Organisation.
Der erste außerordentliche Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland wurde 1954 in Marburg begründet.
Hermann Stutte (1909–1982) erhielt den Ruf auf diesen Lehrstuhl. Im August 1963 wurde er an der gleichen Universität zum ersten bundesdeutschen ordentlichen Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie berufen.
Um der „wachsenden Bedeutung“ der Kinder- und Jugendpsychiatrie gerecht werden zu können wurde die Buchreihe „Jahrbuch für Jugendpsychiatrie und ihre Grenzgebiete“ herausgegeben.
Diese Buchreihe war zugleich das „Mitteilungsblatt“ der Fachgesellschaft und gilt als Vorläufer der 1973 gegründeten Fachzeitschrift.
Die Heinrich Hoffmann-Medaille wurde erstmals 1957 von der Deutschen Vereinigung für Jugendpsychiatrie e. V. anlässlich des 70. Lebensjahres von Werner Villinger gestiftet.
Der 70. Geburtstag von Werner Villinger 1957, „des Pioniers der deutschen Kinderpsychiatrie“, war als „Stiftungsanlass“ der Heinrich-Hoffmann-Medaille in Paragraph 1 der Statuten von 1958 angegeben (Deutsche Vereinigung für Jugendpsychiatrie, Statut für die Verleihung der Dr. Heinrich-Hoffmann-Medaille, mit Beschluss der Mitgliederversammlung vom 30.07.1958, Archiv DGKJP). Der DGKJP Vorstand („Statuten der Heinrich-Hoffmann-Medaille“, mit Beschluss vom 17.01.2007, Archiv DGKJP) und die DGKJP Mitgliederversammlung (Protokoll der MV vom 15.03.2007, Archiv DGKJP) haben diesen „Stiftungsanlass“ 2007 aus den Statuten entfernt. Die Statuten der Heinrich-Hoffmann-Medaille von 1958 waren 2007 grundlegend überarbeitet worden.
Im „Historischen Hintergrund“ der aktuell gültigen Statuten wird dieser Vorgang erläutert: „Der damalige Stiftungsanlass erfordert eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit unseres Fachgebiets und dessen Repräsentanten: Wir wissen heute, dass Werner Villinger am Euthanasieprogramm (T4) des Nationalsozialismus beteiligt war. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie verurteilt das Verhalten Werner Villingers auf das Schärfste und distanziert sich von der Person Werner Villingers .“ 2022 beschloss die Fachgesellschaft eine Umbenennung und Neuprägung der Medaille aufgrund erforderlicher historischer Richtigstellungen und wegen der aus heutiger Sicht erforderlichen Distanzierung von der „Struwwelpeter-Pädagogik“, die als „Konfrontationspädagogik“ weder zeitgemäß noch rechtskonform ist. Die Darstellung von Verhaltensproblemen von Kindern und Jugendlichen durch Heinrich Hoffmann hingegen hat historische Bedeutung und ist literarisch wie historisch nicht aus unseren fachlichen Kontexten wegzudenken.
Inzwischen ist außerdem bekannt, dass Emil Sioli (1852–1922) 1906 in Frankfurt die „erste“ wirklich auf Kinder und Jugendliche spezialisierte Abteilung gegründet hatte. Den Gedanken des liberalen Gesundheitspolitikers Heinrich Hoffmann schließen wir uns wegen seines wichtigen sozialpsychiatrischen und gesundheitspolitischen Beitrags zum Fach an.
Folgende Preisträger zw. 1957 und heute
2019
Prof. Dr. med. Dr. phil. Helmut Remschmidt
2019
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Martin H. Schmidt
2017
Prof. Dr. med. Joest Martinius
2015
Dr. Christine Bergmann, Familienministerin a.D.
2009
Prof. Dr. med. Andreas Warnke
1995
Prof. Dr. med. Detlev Ploog (1920–2005)
1993
Prof. Dr. med. Gerhardt Nissen (1923–2014)
1989
Prof. Dr. med. Hanuš Papoušek (1922–2000)
1985
Prof. Dr. Heinz F. R. Prechtl (1927–2014)
1981
Prof. Dr. med. Annemarie Dührssen (1916–1998)
1977
Prof. Dr. med. Hans Asperger (1906–1980)
1971
Prof. Dr. med. Hermann Stutte (1909–1982)
1969
Prof. Dr. med. Clemens Ernst Benda (1898–1975)
1965
Prof. Dr. med. Jakob Lutz (1903–1998)
1961
Prof. Dr. med. Richard Mittermaier (1897–1983)
1957
Prof. Dr. med. Werner Villinger (1887–1961) info
Der erste außerordentliche Lehrstuhl für Kinderpsychiatrie in der DDR wurde 1958 in Rostock gegründet.
Gerhard Göllnitz (1920–2003) übernahm diese Aufgabe. Im Februar 1963 wurde er an der gleichen Universität zum ersten ordentlichen Professor für Kinderpsychiatrie in der DDR ernannt. Der Lehrstuhl wurde auf Grundlage seines Antrages beim zuständigen Staatssekretariat aber umbenannt in „Lehrstuhl für Kinder-Neuro-Psychiatrie“.
In der DDR umfasste die Kinder- und Jugendpsychiatrie, wie auch in der Bundesrepublik dieser Jahrzehnte, ebenfalls die Neurologie, was sich in der Bezeichnung des Faches als „Kinderneuropsychiatrie“ ausdrückte und bis zur Wiedervereinigung so blieb. 1962 entstand unter dem Dach der Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie der DDR die Sektion für Kinderneuropsychiatrie.
1974 wurde eine Subspezialisierung für Kinderneuropsychiatrie gesetzlich festgelegt, die von Fachärzten für Pädiatrie sowie Neurologie/Psychiatrie erworben werden konnte.
Als wissenschaftliches Organ diente die Zeitschrift „Psychiatrie, Neurologie, Medizinische Psychologie“.
In der Gründungssatzung der Fachgesellschaft von 1951 sind Ehrenmitglieder noch nicht vorgesehen. Als das langjährige Vorstandsmitglied Carl Bennholdt-Thomsen, Pädiater, 1963 aus dem Vorstand ausschied wurde ihm als erster Persönlichkeit die „Ehrenmitgliedschaft“ verliehen. Bis heute wurden von der DGKJP insgesamt 35 „Ehrenmitglieder“ ernannt.
Ehrenmitglieder der DGKJP
(Jahr der Ehrung / Persönlichkeit)
2017
Dr. biol. hum. Klaus Schepker
2000
Prof. Dr. med. Herman van Engeland (1943–2016)
2000
Prof. Dr. med. Eric A. Taylor, London
1997
Prof. Dr. med. Doris Weber (1916–2017)
1997
Prof. Dr. med. Peter Strunk (1929–2020)
1997
Prof. Dr. med. Gerhardt Nissen (1923–2014)
1997
Prof. Dr. med. Reinhart Lempp (1923–2012)
1997
Prof. Dr. med. Gerhard Bosch (1918–2011)
1997
Prof. Dr. Dr. Meglena Achkova, Sofia
1995
Prof. Dr. med. Andreas Rett (1924–1997)
1995
Prof. Dr. med. Gerhard Göllnitz (1920–2003)
1995
Prof. Dr. Alonso-Fernandes, Madrid
1993
Prof. Dr. med. Friedrich Specht (1924–2010)
1993
Prof. Dr. H. D. Rösler (Rostock)
1993
Prof. Dr. med. Dipl. psych. Manfred Müller-Küppers (1925–2017)
1993
Dr. med. Gertrud Bleek-Siedl (1927–1998)
1987
Prof. Miklós Vargha, Szeged
1987
Prof. Karl Hugo Härringer (1913–2008)
1983
Prof. Dr. med. Heinrich Schulte (1898–1983)
1983
Prof. Dr. jur. Horst Schüler-Springorum (1928–2015)
1983
Prof. Dr. phil. Dr. med. Helmut Ehrhardt (1914–1997)
1981
Prof. Dr. med. Hermann Stutte (1909–1982)
1979
Dr. med. Elisabeth Hecker (1895–1986) info
1979
Dr. med. Anna Leiter (1901–1990)
1979
Prof. Dr. med. Hermann Mai (1902–2001)
1977
Dr. med. Maria Giesen (1900–1991)
1977
Prof. Dr. med. Dr. phil. Helmut von Bracken (1899–1984)
1974
Prof. Dr. med. Walter von Baeyer (1904–1987)
1974
Ministerialdirektor Willi Viehweg (1888–1978)
1971
Prof. Dr. med. Hans-Alois Schmitz (1899–1973) info
1971
Prof. Dr. med. Adolf Friedemann (1902–1981)
1971
Prof. Dr. med. Walter Gerson (1899–1971)
1968
Prof. Dr. jur. Rudolf Sieverts (1903–1980)
1965
Prof. Dr. med. Hans Bürger-Prinz (1897–1976)
1963
Prof. Dr. med. Carl Bennholdt-Thomsen (1903–1971)
Die Fachgebietsbezeichnung „Kinder- und Jugendpsychiatrie“ wurde 1968 eingeführt, wobei auch gesundheitspolitische Vorgaben durch die Weltgesundheitsorganisation und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft umgesetzt wurden.
Als wissenschaftliches Fachorgan dienten erst die „Jahrbücher für Jugendpsychiatrie und ihre Grenzgebiete“ und ab 1973 die „Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie“.
Die (Kinder-)Neurologie war bis in die 70er Jahre Bestandteil der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Forschung, Lehre und Versorgung.
In der DDR umfasste die Kinder- und Jugendpsychiatrie ebenfalls die Neurologie, was sich hier auch in der Bezeichnung des Faches „Kinderneuropsychiatrie“ ausdrückte und bis zur Wiedervereinigung so blieb.
Der erste Lehrstuhl für Kinderneuropsychiatrie wurde 1958 in Rostock gegründet.
1962 entstand unter dem Dach der Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie der DDR die Sektion für Kinderneuropsychiatrie.
1974 wurde eine Subspezialisierung für Kinderneuropsychiatrie gesetzlich festgelegt, die von Fachärzten für Pädiatrie sowie Neurologie / Psychiatrie erworben werden konnte.
Als wissenschaftliches Fachorgan diente die Zeitschrift „Psychiatrie, Neurologie, Medizinische Psychologie“.
1973 erschien erstmals die „Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie“ und wurde das Mitteilungsblatt der Fachgesellschaft.
Heutzutage gibt es separate „Gesellschaftsseiten“ in der Zeitschrift, die von der „Redaktion der Fachgesellschaft“ betreut werden.
„Deutsche Vereinigung für Kinder- und Jugendpsychiatrie“
1973 erfolgte die Umbenennung der Fachgesellschaft in „Deutsche Vereinigung für Kinder- und Jugendpsychiatrie“ (DVKJ), womit die Bezeichnung des Facharztes für „Kinder- und Jugendpsychiatrie“ im Namen der Fachgesellschaft berücksichtigt wurde und zudem die Eigenständigkeit gegenüber den Nachbarfächern Kinderheilkunde und Psychiatrie gleichermaßen betont wurde.
Vorstand und Mitgliederversammlung der „Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie“ (DGKJ) initiierten 1993 Arbeitsgruppen „die sich mit der Geschichte der Kinder- und Jugendpsychiatrie, insbesondere während der Zeit des Nationalsozialismus“ beschäftigen sollten.
Ab Ende der 90er Jahre kamen in den Medien Fragen auf, ob die Fachgesellschaft nicht sogar Personen mit fraglichem ärztlichem Berufsethos geehrt haben könnte. Elisabeth Hecker (1895 – 1986) stand hier im Mittelpunkt der Vorwürfe. Ehrungen durch die Fachgesellschaft gab es erst seit 1957 mit der Stiftung und zumeist 4-jährigen Vergabe der Heinrich-Hoffmann-Medaille und seit 1963 mit der Vergabe von „Ehrenmitgliedschaften“.
Die Fachgesellschaft hat sich aktiv an der Aufarbeitung des Krankenmordprogramms an Kindern beteiligt und das Thema auf den Kongressen 2003 in Wien und 2013 in Rostock breit diskutiert. Die DGKJP hat 2014 einen weiter gehenden Auftrag zur medizinhistorischen Erforschung der Geschichte der Fachgesellschaft im Nationalsozialismus vergeben, welcher mit der Publikation „Kinder- und Jugendpsychiatrie im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit: Zur Geschichte ihrer Konsolidierung“ (Heiner Fangerau, Sascha Topp, Klaus Schepker Hrsg., 2017, Springer) abgeschlossen wurde.
1994 erfolgte die Änderung der Bezeichnung in „Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie“ (DGKJP), mit der Hineinnahme der Psychotherapie als Hauptbehandlungsverfahren in die Facharztweiterbildung.
Die Fachgesellschaft hat sich seit 2001 in ihrer Ethikkommission und der Geschichtskommission mit den umstrittenen Ehrenmitgliedern beschäftigt und sich in der Folge von zwei Ehrenmitgliedern distanziert. Der Vorstand der Fachgesellschaft distanzierte sich 2002 von Elisabeth Hecker (1895–1986) „aufgrund belegbarer Duldung von und zumindest stiller Beteiligung an Kindertötungen im Rahmen der T4-Aktion“ (Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie, 2002 Bd. 30 Heft 4, Stellungnahme des Vorstandes, S. 305–306).
Die Mitgliederversammlung der Fachgesellschaft distanzierte sich 2003 in Wien neben Elisabeth Hecker auch vonHans-Alois Schmitz (1899–1973)„wo ebenfalls kein Zweifel bezüglich seiner Beteiligung an T4-Aktionen besteht“ („Protokoll der Mitgliederversammlung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am 03.04.2003 in Wien“, Top 7, 16.03.2003, Archiv DGKJP).
Seit 2003 firmiert die Gesellschaft infolge der nicht mit einer eigenen Facharztqualifikation versehenen „Kinderpsychosomatik“ als „Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie“ (DGKJP).
2007 distanzierte sich der Vorstand der DGKJP auch von Werner Villinger (1887–1961) weil er „am Kindereuthanasieprogramm (T4) des Nationalsozialismus beteiligt war“. Weitere Informationen sind im Statut der Heinrich-Hoffmann-Medaille enthalten.
2017 wurde von der Fachgesellschaft ein Auftrag zur medizinhistorischen Erforschung aller von der Fachgesellschaft zwischen 1950 und 1990 geehrten Persönlichkeiten vergeben. Die Forschungen dazu sind noch nicht abgeschlossen.
Ein zentrales Ergebnis der bisherigen Forschung ist die Publikation: Schepker, K. & Fangerau, H. (2017). Die Gründungsgeschichte der Deutschen Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und Heilpädagogik (DGKH) und ihr Wirken. In H. Fangerau, S. Topp & K. Schepker (Eds.), Kinder- und Jugendpsychiatrie im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit. Zur Geschichte ihrer Konsolidierung (pp. 17-186). Berlin: Springer. – Gefördert mit Mitteln der DGKJP
Der Runde Tisch Heimerziehung hatte 2011 bereits über Leid und Unrecht in Heimen berichtet. 2014 folgten Medienberichte über Leid und Unrecht auch in den psychiatrischen „Bewahranstalten“ Marsberg und Schleswig.
Bereits zur Ausstrahlung des ersten Fernsehberichtes 2014 bezog die Fachgesellschaft selbstkritisch Stellung, welche im Erfahrungsbericht des ehemaligen Heim- und Anstaltskindes Günter Wulf abgedruckt ist (Günter Wulf „Sechs Jahre in Haus F“, 2020, S. 243–245).
Die Fachgesellschaft begann einen Dialog mit den Betroffenen (Wulf 2020, S. 245), hat sich bei ihnen entschuldigt und beteiligte sich aktiv an der Aufarbeitung von Leid und Unrecht, welches ehemalige Insassen in psychiatrisch geleiteten oder betreuten Sonderheimen, Anstalten, Behinderteneinrichtungen, Jugendwerkhöfen und Kliniken nach 1945 erfahren haben.
Die Fachgesellschaft hat die Gründung der „Stiftung Anerkennung und Hilfe“ unterstützt. Die Vorstellungen der damaligen Kinder- und Jugendpsychiater*innen von „praktischer Unerziehbarkeit“ und die erklärte Notwendigkeit von „Bewahranstalten“ waren die gedanklichen Grundlagen solcher Einrichtungen wie Freistatt, Marsberg oder Schleswig. Kinder- und Jugendpsychiater*innen waren als Anstaltsärzte, Verordnende von Dauersedierungen mit Psychopharmaka und bei der Begutachtung für die Unterbringung oder Feststellung der „Schulunfähigkeit“ an den Schicksalen dieser Heimkinder beteiligt.
Der Vorstand hat 2019 erneut zu Leid und Unrecht, Medikamentenversuchen und Dauersedierungen in psychiatrischen Einrichtungen Stellung genommen.
2019
XXXVI., Mannheim, Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Tobias Banaschewski
2017
XXXV., Ulm, Prof. Dr. med. Jörg Fegert
2015
XXXIV., München, Prof. Dr. med. Gerd Schulte-Körne
2013
XXXIII., Rostock, Prof. Dr. med. Frank Häßler
2011
XXXII., Essen, Prof. Dr. med. Johannes Hebebrand
2009
XXXI., Hamburg, Prof. Dr. med. Michael Schulte- Markwort
2007
XXX., Aachen, Prof. Dr. med. Beate Herpertz-Dahlmann
2005
XXIX., Heidelberg, Prof. Dr. med. Franz Resch
2003
XXVIII., Wien, Prof. Dr. med. Ulrike Lehmkuhl (D) Prof. Dr. med. Max H. Friedrich (A)
2002
XXVII., Berlin, Prof. Dr. med. Ulrike Lehmkuhl
2000
XXVI., Jena, Prof. Dr. med. Bernhard Blanz
1997
XXV., Dresden, Prof. Dr. med. Michael Scholz
1995
XXIV., Würzburg, Prof. Dr. med. Andreas Warnke
1993
XXIII., Köln, Prof. Dr. med. Gerd Lehmkuhl
1991
XXII., Bad Homburg, Prof. Dr. med. Fritz Poustka
1989
XXI., München, Prof. Dr. med. Joest Martinius
1987
XX., Feldkirch-Vorarlberg, Prof. Dr. med. Peter Strunk (D) und Hofrat Prof. Dr. med. Franz Wurst (A) info
1985
XIX., Mannheim, Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Martin H. Schmidt
1983
XVIII., Marburg, Prof. Dr. med. Dr. phil. Helmut Remschmidt
1981
XVII., München, Prof. Dr. med. Joest Martinius
1979
XVI., Münster, Prof. Dr. med. Hedwig Wallis
1977
XV., Salzburg, Prof. Dr. med Friedrich Specht (D) und Dr. med. Max H. Friedrich (A)
1975
XIV., Göttingen, Prof. Dr. med. Friedrich Specht
1973
XIII., Freiburg, Prof. Dr. med. Peter Strunk
1971
XII., Würzburg, Prof. Dr. med. Hubert Harbauer
1969
XI., Regensburg, Prof. Dr. med. Reinhart Lempp
1966
X., Berlin, Prof. Dr. med. Heinrich Albrecht
1965
IX., Hamburg, Prof. Dr. med. Franz Günther von Stockert
1963
VIII., Wiesbaden, Prof. Dr. med. Franz Günther von Stockert
1961
VII., Innsbruck, Prof. Dr. med. Franz Günther von Stockert (nach dem Tod von Prof. Dr. med. Werner Villinger am 09.08.1961)
1959
VI., Berlin, Prof. Dr. med. Werner Villinger
1958
V., Marburg, Prof. Dr. med. Werner Villinger
1955
IV., Bad Nauheim, Prof. Dr. med. Werner Villinger
1954
III., Essen, Prof. Dr. med. Werner Villinger (als Teil der pädiatrischen Fachtagung unter Prof. Dr. med. Otto Bossert)
1952
II., Marburg (nur geladene Teilnehmer), Prof. Dr. med. Werner Villinger
1950
I., Marburg (nur geladene Teilnehmer), Prof. Dr. med. Werner Villinger info (mit Neugründung „Verein für Jugendpsychiatrie, Heilpädagogik und Jugendpsychologie“, welcher in den folgenden Jahrzehnten mehrfach umbenannt wurde)
1940
1.Tagung, Wien, Prof. Dr. med. Paul Schröder info (mit Gründung der „Deutschen Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und Heilpädagogik“)
2020–2023
Prof. Dr. med. Michael Kölch (Rostock)
2018–2019
Prof. Dr. med. Hans-Henning Flechtner (Magdeburg)
2016–2017
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dipl. psych. Tobias Banaschewski (Mannheim)
2014–2015
Prof. Dr. med. Jörg Fegert (Ulm)
2012–2013
Prof. Dr. med. Gerd Schulte-Körne (München)
2010–2011
Prof. Dr. med. Frank Häßler (Rostock)
2008–2009
Prof. Dr. med. Johannes Hebebrand (Essen)
2006–2007
Prof. Dr. med. Michael Schulte-Markwort (Hamburg)
2004–2005
Prof. Dr. med. Beate Herpertz-Dahlmann (Aachen)
2002–2003
Prof. Dr. med. Franz Resch (Heidelberg)
2000–2001
Prof. Dr. med. Dipl. psych. Ulrike Lehmkuhl (Berlin)
1998–1999
Prof. Dr. med. Bernhard Blanz (Jena)
1996–1997
Prof. Dr. med. Michael Scholz (Dresden)
1994–1995
Prof. Dr. med. Dipl. psych. Andreas Warnke (Würzburg)
1992–1993
Prof. Dr. med. Dipl. psych. Gerd Lehmkuhl (Köln)
1990–1991
Prof. Dr. med. Fritz Poustka (Frankfurt)
1988–1989
Prof. Dr. med. Joest Martinius (München)
1986–1987
Prof. Dr. med. Peter Strunk (Freiburg)
1984–1985
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dipl. psych. Martin H. Schmidt (Mannheim)
1982–1983
Prof. Dr. med. Dr. phil. Dipl. psych. Helmut Remschmidt (Marburg)
1980–1981 Obermedizinaldirektor Dr. med. Eckart Förster (Essen)
1978–1979
Prof. Dr. med. Hedwig Wallis (Hamburg)
1976–1977
Prof. Dr. med. Manfred Müller-Küppers (Heidelberg)
1974–1975
Prof. Dr. med. Reinhart Lempp (Tübingen)
1972–1973
Prof. Dr. med. Gerhardt Nissen (Berlin)
1970–1971
Prof. Dr. med. Hubert Harbauer (Frankfurt)
1967–1970
Prof. Dr. med. Hermann Stutte (Marburg)
1965–1967
Prof. Dr. med. Heinrich Albrecht (Hamburg)
1961–1965
Prof. Dr. med. Franz Günther von Stockert (Frankfurt)
1950–1961
Prof. Dr. med. Werner Villinger (Marburg) info (Gründungsvorsitzender des „Vereins für Jugendpsychiatrie, Heilpädagogik und Jugendpsychologie“ von 1950, welcher in den folgenden Jahrzehnten mehrfach umbenannt wurde)
1942–1945
Prof. Dr. med. Hans Heinze (Brandenburg-Görden) info
1941–1942
(kommissarisch) Prof. Dr. med. Werner Villinger (Breslau) info
1940–1941
Prof. Dr. med. Paul Schröder (Leipzig) (Gründungspräsident der „Deutschen Gesellschaft für Kinderpsychiatrie und Heilpädagogik“ von 1940) info